Aktuelles

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Kaum ein Rechtsgebiet ist wandelbarer als das Arbeitsrecht. Mit unserem Newsticker halten wir Sie auf dem Laufenden zu aktuellen Themen und Entwicklungen.

  • 20.04.2024 | Albicker Arbeitsrecht is hiring

    Ob als Unterstützer des Anwaltsbereichs, des Sekretariats oder für eine Tätigkeit als Referendar oder wissenschaftlicher Mitarbeiter - Albicker Arbeitsrecht baut aus und bietet im Rahmen jeweils vorhandenerer freier Kapazitäten die Gelegenheit, in eine kleinen, aber feinen Kanzlei bei der Interessenwahrnehmung von Arbeitgebern und Führungskräften mitzuwirken. Individualität, Flexibilität, interessante Mandate, exzellente Ausbildung und leichter Zugang zum erfahrenen Gründer sind bei Albicker Arbeitsrecht gewährleistet.

     

    Eine Bewerbung setzt ein nachgewiesenes authentisches Interesse an der jeweils vakanten Verantwortung für Albicker Arbeitsrecht nebst dem Nachweis jeweils einschlägiger exzellenter Fähigkeiten und Kenntnissen voraus. Die Beschäftigung im Anwaltsbereich (m/w/d) setzt zwei juristische Examina mindestens mit der Note befriedigend und erste berufliche Erfahrungen im Bereich Arbeitsrecht voraus. Für die Tätigkeit im Sekretariat – m/w/d (bevorzugt Teilzeit bis 25 Wochenstunden, max. 1 Tag mobil) sind eine abgeschlossene Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte (m/w/d) oder sehr ausgewiesene exzellente Erfahrungen in Büroorganisation gefragt. Die Aufgaben umfassen alles, was eine Rechtsfachangestellte (m/w/d) oder versierte Bürokraft (m/w/d) üblicherweise in einem Anwaltsbüro tut (Umgang mit MS-Office-Paket; Excel/ PowerPoint, sehr gut in Wort und Schrift, sattelfeste Rechtschreibkenntnisse (Schreiben nach Diktat, möglichst gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift). Eine Tätigkeit als Referendar (m/w/d) oder als wissenschaftlicher Mitarbeiter (m/w/d) – gerne auch promotionsbegleitend - setzt ein mindestens befriedigendes erstes Staatsexamen voraus.

     

    Sie erwarten packende und komplexe Mandate im Arbeitsrecht mit Schnittstellen im Gesellschafts- und Handelsrecht; Mitwirkung an „vorderster Front“ und nicht im Hinterzimmer, Konzentration auf das Wesentliche anstatt auf Partner- oder Mitarbeitermeetings in einem modern organisierten Büro in bester Lage mit bester Anknüpfung. Albicker Arbeitsrecht vergütet den Anforderungen entsprechend angemessen und leistungsbezogen, vergleichbar der Vergütung bei mittelständischen Kanzleien. 

     

    Neugierig? Dann lohnt sich der nächste Schritt: bewerben Sie sich mit vollständigen Bewerbungsunterlagen (CV, Nachweise/ Zeugnisse)! Schriftlich oder per Email (kontakt@albicker-arbeitsrecht.de). Eine Antwort über verbliebene Kapazität bzw. Aussichten auf ein Bewerbungsgespräch ist garantiert.  

  • 1./2. Februar 2024 | 6. Deutscher Arbeitsrechtstag 2024 in Berlin

    Vom 1. bis 2. Februar 2024 nahm Dr. Albicker als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht an der Veranstaltung des 6. Deutschen Arbeitsrechtstag 2024 in Berlin teil.

     

    Die - zweijährlich stattfindende - Veranstaltung stand in diesem Jahr  unter dem großen und komplexen rechtspolitischen Motto: „Die moderne Arbeitswelt zwischen regulatorischer Übernachtung, notwendigen Schutzmechanismen und den Anforderungen des Marktes.“ Namhafte Vertreter der Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Justiz und einige Repräsentanten der Gewerkschaft (IG Metall) diskutierten über die Frage, ob das deutsche Arbeitsrecht noch zeitgemäß ist und den Anforderungen des Marktes standhalten kann.

     

    Ist es wirklich in Übereinstimmung mit dem Standpunkt der Gewerkschaft und entgegen der europäischen Nachweisrichtlinie wie auch der Praxis der übrigen Mitgliedsstaaten erforderlich, für den Nachweis wesentlicher Arbeitsbedingungen die Wahrung der gesetzlichen Schriftform (§ 126 BGB) vorzuschreiben? Durch das Erfordernis der Unterzeichnung des Nachweisschreibens durch den Arbeitgeber dessen eigenhändige Unterschrift zu verlangen und somit aus praktischen Gründen mittelbar zu verhindern, Arbeitsverträge auch in Textform abzuschließen? Führt die Involvierung mehrerer Gremien für gleiche bzw. gleichgelagerte Sachverhalte – zum Beispiel bei Betriebsänderungen/Personalabbau: Versuch eines Interessenausgleichs mit dem Betriebsrat gemäß § 111 BetrVG plus Unterrichtung Betriebsrat gemäß § 17 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz und sodann vor Kündigung Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG - nicht zu einer Überforderung von Arbeitgebern im Verhältnis zum Schutz der Arbeitnehmer? Mit welchen konkreten Maßnahmen soll der kontinuierlichen sinkenden Tarifbindung und Tarifgeltung in sinnvoller Weise entgegengewirkt werden? Trägt der Gesetzgeber nicht selbst zur Aushöhlung der Tarifbindung und Tarifgeltung bei, indem er durch gesetzgeberische Aktivitäten in das eingreift, was eigentlich das ureigene „Geschäft“ von Tarifparteien ist (wie zum Beispiel durch das geplante Bundestariftreuegesetz, die Einführung des Mindestlohns durch das MiLoG oder der Tendenz der Privilegierung von tarifgebundenen bei weiteren Gesetzesvorhaben)? Wäre es nicht sinnvoller, wenn die Tarifparteien nur einen Gestaltungsrahmen bekommen beziehungsweise diesen nutzen, um ihr Produkt, nämlich Tarifabschlüsse, so „sexy“ gestalten, dass dies für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wieder attraktiv wird? Und: wie kann das Betriebsverfassungsrecht den aktuellen schnelllebigen Entwicklungen der modernen Arbeitswelt noch gerecht werden? Welche Reformschritte müssen eingeleitet werden, um das Arbeitsrecht und damit auch die Bundesrepublik Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu machen? 

     

    Diese und viele weitere Fragen wurden, wie in einer Demokratie geboten, auf sehr hohem Niveau und auf „Augenhöhe“ intensiv diskutiert. Der Austausch von Wissenschaftlern und Praktikern in Anwesenheit mancher Bundestagsabgeordneter ergab viele Denkmodelle und Reformideen für ein modernes Arbeitsrecht, die es weiter zu verfolgen gilt. Der gemeinsame Nenner bestand in der überwiegenden Überzeugung, dass eine hohe und die Praxis überfordernde Regulierungsdichte nicht zugleich mehr Arbeitnehmerschutz nach sich zieht. Es zeigte sich jedoch zugleich, dass teilweise an altbewährten Positionen festgehalten wird und die Diskussionen im gebotenen Tempo fortgeführt werden müssen, zumal die finale politische Umsetzung der Ideen noch erheblichen Herausforderungen begegnen wird. 

     

    Die hochkarätige Veranstaltung hat einen weiteren innovativen Meilenstein für die weiteren Reform, Diskussionen und mögliche Gesetzesvorgaben gesetzt. Albicker Arbeitsrecht erachtet die Teilnahme an derartigen Veranstaltungen als essenziell, um am Puls der Zeit zu sein und die Interessen der von der Kanzlei vertretenen Unternehmen vorausschauend und weitsichtig zu vertreten. Wir werden weiter berichten. Für Rückfragen über den Inhalt der Veranstaltung steht Dr. Albicker selbstverständlich gerne zur Verfügung.

  • 05.09.2023 | „Arbeitsrecht für Arbeitgeber“ jährliche Vortragsveranstaltung für Personalverantwortliche – Update 2023

    Auch in diesem Jahr präsentiert Albicker Arbeitsrecht die breite Palette aktueller arbeitsrechtlicher Entscheidungen für die betriebliche Praxis, pointiert und mit praktischen Hinweisen aus der Perspektive des Arbeitgeberanwalts.

    Im Anschluss an den Vortrag gibt es die Möglichkeit, aktuelle Entwicklungen und Fragen bei guten Getränken und einem Flying Buffett zu erörtern oder sich einfach dem angenehmen Austausch unter Personalverantwortlichen zu widmen.


    Vortragender: Dr. Steffen Albicker 

    Zeit: 18 Uhr 


    Es handelt sich um eine unentgeltliche Veranstaltung für Mandanten von Albicker Arbeitsrecht oder interessierte Bekannte/Personalverantwortliche von Albicker Arbeitsrecht, die bei der Anmeldung Vorrang genießen  Auch die Teilnahme sonstiger Personalverantwortlicher ist im Einzelfall möglich und willkommen. Bitte beachten Sie die limitierte Teilnehmerzahl. Teilnahme nur nach vorheriger Anmeldung schriftlich (auch per Email. Kontaktdaten. s. Homepage Kontakt) und individueller Teilnahmebestätigung durch die Kanzlei möglich!


    Veranstalter: Albicker Arbeitsrecht, Frankfurt am Main

    Ort: Villa Bonn, Siesmayerstr. 12, 60323 Frankfurt am Main

  • 18.08.2023 | Unwirksamkeit von Abtretungsverboten im Standarbeitsvertrag

    Unbeschadet der schon zum 1. Oktober 2021 eingetretenen Änderung der Rechtslage existieren noch immer Standardarbeitsverträge, die nach diesem Datum geschlossen wurden und das an Arbeitnehmer gerichtete Verbot enthalten, Vergütungsansprüchen gegen ihren Arbeitgeber an Dritte abzutreten bzw. zu verpfänden. Derartige Klauseln sollten spätestens jetzt dem „Rotstift“ im Rahmen des empfohlenen regelmäßigen „Vertrags-Check-ups“ zum Opfer fallen.


    Seit der Schuldrechtsmodernisierung im Jahre 2002 sind Klauseln in Standardarbeitsverträgen von der Bereichsausnahme gemäß § 310 Abs. 4 BGB bekanntlich nicht mehr erfasst. Infolgedessen werden sie als Allgemeine Geschäftsbedingungen – wie „Kleingedrucktes“ in sonstigen Vertragswerken, wie zum Beispiel Mobilfunk-, Stromversorgerverträgen) – nicht nur einer Transparenz-, sondern auch Inhaltskontrolle unterworfen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind „die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen“. Nur auf Regelungen in Tarifverträgen, Betriebs- und Dienstvereinbarungen finden die AGB-rechtlichen Regelungen unverändert keine Anwendung; sie stehen nach dem Gesetz Rechtsvorschriften gleich. Bekanntlich haben die Gerichte seitdem eine Vielzahl - früher gängiger - Vertragsklauseln auf den AGB-rechtlichen Prüfstand gestellt. Viele von diesen hielten einer gerichtlichen Prüfung nicht stand, was seitdem zur Folge hat, dass Arbeitgeber ihre Standardarbeitsverträge regelmäßig auf Konformität mit den AGB-Reglungen prüfen und etwaige betroffene Klauseln streichen oder anpassen. 


    Abtretungsverbot:


    Mit Wirkung zum 1. Oktober 2021 wurde § 308 Nr. 9 in die Regelungen des BGB neu eingeführt. Nach § 308 Nr. 9a BGB wird eine Bestimmung, durch die die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird „für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender“ ausgeschlossen. Dieser Ausschluss betrifft mithin das in der Praxis gängige Verbot der Abtretung von Vergütungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber an Dritte (zum Beispiel Banken, Vermieter, etc.). Auch die Umgehung dieses Ausschlusses durch anderweitige Regelungen ist verboten, was sich aus § 306a BGB ergibt. Eine solche liegt zum Beispiel vor bei Klauseln vor, die die Abtretbarkeit zwar nicht (völlig) ausschließen, jedoch anderweitig beschränken (zum Bsp. Beschränkung der Abtretbarkeit auf bestimmte Personen, Zustimmungserfordernisse durch den Arbeitgeber, etc.). 


    Der Ausschluss erstreckt sich nicht auf das Verbot (ausschließlich) von Ansprüchen des Arbeitnehmers „auf Versorgungsleistungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes“. Ob und inwieweit die Betriebsparteien ein Abtretungsverbot in einer Betriebsvereinbarung vorsehen können, bedarf der juristischen Einzelfallprüfung oder Berücksichtigung der jeweiligen aktuellen Rechtsprechung beziehungsweise der einschlägigen Literatur. Aus Sicht von Albicker Arbeitsrecht dürften auch solche Klauseln zunehmend kritisch zu betrachten sein, obwohl sie einer AGB-rechtlichen Prüfung nicht unterfallen. 


    Fazit:


    Die Unwirksamkeit des oben genannten Abtretungsverbots in Standarbeitsverträgen hat immense Bedeutung in der betrieblichen Praxis. Soweit der geltenden Rechtslage bislang nicht Rechnung getragen wurde, besteht arbeitgeberseitig spätestens jetzt Handlungsbedarf.


    • Das Verbot entfaltet keine Wirkung. Zahlt ein Arbeitgeber im Vertrauen auf das seit 1. Oktober 2021 vereinbarte Abtretungsverbot die Vergütung unbeschadet einer ihm bekannt gewordenen Abtretung des Vergütungsanspruchs an seinen Arbeitnehmer aus, wird er gegenüber dem Abtretungsempfänger hierdurch nicht von seiner Zahlungspflicht befreit. Dieser kann weiterhin vom Arbeitgeber Zahlung der Vergütung an sich verlangen, so dass der Arbeitgeber der doppelten Zahlung ausgesetzt ist. Hinsichtlich eines etwaigen Rückforderungsanspruchs gegenüber seinem Arbeitnehmer trägt er das Solvenzrisiko und setzt sich zudem komplexen Abrechnungsfragen aus. 
    • Dies - wie auch das kurz zuvor am 1. August 2022 in Kraft getretene geänderte Nachweisgesetz - geben Arbeitgebern Anlass spätestens jetzt die ohnehin gebotene regelmäßige „Inspektion“ ihrer Standardarbeitsverträge durchzuführen. 
    • Klauseln, die ein Abtretungs- bzw. Verpfändungsverbot in Bezug auf Vergütungsansprüche oder sonstige Zahlungsansprüche der Arbeitnehmer vorsehen, sollten hierbei „dem Rotstift“ zum Opfer fallen. 
    • Ob und inwieweit eine Kostenpauschale in zulässiger Weise vereinbart werden kann und soll,  um den dem Arbeitgeber durch die Abwicklung abgetretener Ansprüche abzufedern, sollte anhand der aktuellen Rechtsprechung bzw. der einschlägigen arbeitsrechtlichen Literatur individuell geprüft werden. 
    • Besondere Sorgfalt ist auf das Verbot der Abtretung etwaiger Betriebsrentenansprüche zu legen. 
  • 11/13.05.2023 | 64. DACH-Tagung in Paris

    Vom 11. bis 13. Mai 2023 nahm Dr. Albicker als Mitglied der DACH europäische Anwaltsvereinigung e.V. an der Mai-Tagung in Paris teil.


    Die zweimal jährlich an jeweils unterschiedlichen Orten stattfindenden Tagungen behandeln auch Thematiken, die abseits des Arbeitsrechts angesiedelt sind. Die langjährige Spezialisierung von Dr. Albicker hat schon frühzeitig zu der Erfahrung geführt, dass es bei der arbeitsrechtlichen Beratung von Unternehmen und Führungskräften hilfreich für die betroffenen Mandanten ist, über den Tellerrand des Arbeitsrechts hinauszuschauen und komplexe wirtschaftliche und wirtschaftsrechtliche Zusammenhänge zu verstehen. Thema der diesjährigen Mai-Tagung war die internationalen Schiedsgerichtsbarkeit mit zahlreichen auf diesem Gebiet tätigen Praktikern wie auch Vertretern der bekannten Institutionen für Schiedsgerichtsbarkeit DIS, ICC, VIAC und SAC. Zweck der Vereinigung mit rund 550 Mitgliedern in etwa 25 Staaten in Europa ist unter anderem die Pflege der Zusammenarbeit zwischen deutschsprachigen Anwälten. Sie versteht sich zugleich als Plattform für Anwälte, deren Mandanten es wünschen, auch außerhalb ihres nationalen Standorts deutschsprachige Kollegen empfohlen zu bekommen. Für Mandanten von Dr. Albicker besteht seit jeher die Gelegenheit, über sein Netzwerk Kontakt zu ausgewählten spezialisierten Anwälten innerhalb der Bundesrepublik Deutschland für die Bearbeitung von Mandaten vermittelt zu erhalten, die über die von Albicker Arbeitsrecht betreuten Mandate hinausgehen. Durch die Mitgliedschaft in der DACH erweitert sich diese Möglichkeit seit diesem Jahr bei Bedarf auch auf Angelegenheiten, die in Europa und damit außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland angesiedelt sind. 

  • 31.01.2023 | Arbeitszeiterfassungspflicht in drei Akten – wo bleibt der 3. Akt?

    Die Gerichte haben „geliefert“. Der deutsche Gesetzgeber nicht. 


    Dass arbeitgeberseitige Fragen nach der Verpflichtung zur Zeiterfassung, ihren Grenzen und ihrer Ausgestaltung bis hin zu kollektivarbeitsrechtlichen Fragen in der anwaltlichen Praxis schon seit langem eine beherrschende Rolle spielen, verwundert in Anbetracht der Thematik und des gesetzgeberischen Schweigens nicht. Inhalt und Folgen von Akt 1 und nun Akt 2 werden im arbeitsrechtlichen Schrifttum wie auch in den beruflichen Netzwerken ausgiebig diskutiert. Die wünschenswerte weitgehende Rechtssicherheit wird indes erst durch den 3. Akt und damit ein überfälliges Handeln des Gesetzgebers herbeigeführt werden können:


    1. Akt: Urteil des EuGH (14.05.2019 - C-55/18, ECLI:EU:C:2019:402):

    Seit rund drei Jahren steht fest: 

    Die Mitgliedstaaten (!) haben Arbeitgeber zu verpflichten, ein „objektives, verlässliches und zuverlässiges System“ einzurichten, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete Arbeitszeit gemessen werden kann. Hierdurch soll die praktische Wirksamkeit der von der Arbeitszeitrichtlinie und der Grundrechtecharta verliehenen Rechte gewährleistet werden.

    Eine seit 2019 zu erwartende Aktivität des Gesetzgebers hätte die seitdem im arbeitsrechtlichen Schrifttum geführten Diskussionen und arbeitgeberseitige Rechtsunsicherheit entbehrlich machen können. Stattdessen: überholt das BAG den Gesetzgeber:

     

    2. Akt: Beschluss des BAG (13. 09.2022 - 1 ABR 22/21): 

    • Die - sofortige bzw. längst bestehende - Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung folgt nicht aus den Regelungen des ArbZG (§ 16 II), sondern – nach Auffassung des BAG – aus § 3 II Nr. 1 ArbSchG und damit dem Schutz der Sicherheit und Gesundheit; das BAG legt die Norm richtlinienkonform aus (Arbeitszeitrichtlinie);
    • ein etwaiger Betriebsrat kann wegen der vorgenannten gesetzlichen Verpflichtung (§ 87 I Eingangshalbsatz BetrVG) nicht das „Ob“ einer (elektronischen) Zeiterfassung verlangen. Er hat nur beim „Wie“ (ihrer Ausgestaltung) mitzubestimmen;
    • Lage, Beginn, Dauer und Ende der täglichen Arbeitszeit (einschließlich Überstunden und Pausenzeiten) sind tatsächlich und mit genauer Zeitangabe zu erfassen und aufzuzeichnen (die arbeitgeberseitige Zurverfügungstellung des Systems genügt nicht), so dass die Lage der täglichen Arbeitszeit und Einhaltung der täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeiten überprüfbar ist;
    • Ob die Erfassungspflicht sich – anders als beim ArbZG – auch auf leitende Angestellte erstreckt, ist streitig; es sprechen nach Einschätzung von Albicker Arbeitsrecht die besseren Argumente dafür, dass dies nach dem Beschluss des BAG der Fall ist: zwar lässt die Arbeitszeitrichtlinie gemäß Art. 17 (1) a) im Zusammenhang mit Regelungen zur Sicherheit und zum Schutz die Herausnahme leitender Angestellter zu. Und das BAG legt § 3 II ArbSchG richtlinienkonform aus. Doch hat der Mitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland im ArbSchG von der Möglichkeit der Herausnahme de lege lata keinen Gebrauch gemacht. Und Gesundheitsschutz bezieht sich auf alle Arbeitnehmer eines Betriebes; zudem benennt das BAG im Beschluss § 5 I 1 BetrVG (nicht jedoch III, der leitende Angestellte erwähnt) und führt aus, §§ 18-21 ArbZG (Herausnahme leitende Angestellte) seien nicht einschlägig. 
    • Hinsichtlich der Form der Zeiterfassung besteht Spielraum: grundsätzlich ist jede Art der Zeiterfassung, sei es manuell oder elektronisch, zulässig; 
    • Delegierung der Erfassungspflichten an die Arbeitnehmer ist zulässig; arbeitgeberseitige stichprobenartige Kontrollen geboten;
    • das BAG weist mehrfach darauf hin, dass der Gesetzgeber einen „ihm zustehenden Spielraum bei der Ausgestaltung der unionsrechtlichen Arbeitszeiterfassung“ hat. Solange der Gesetzgeber nicht agiert und keine verbindlichen und feinmaschigen gesetzlichen Regelungen verabschiedet, verbleiben damit Gestaltungsspielräume für Arbeitgeber bzw. etwaige Betriebsparteien im Sinne pragmatischer Lösungen;

    Viele Fragen sind offen:

    • Wird der Gesetzgeber von seinem Spielraum Gebrauch machen, leitende Angestellte und gar weitere Mitarbeitergruppen von der Zeiterfassung ausnehmen? Dies ist nach Einschätzung von Albicker Arbeitsrecht wahrscheinlich. 
    • Werden Unternehmen bestimmter Branchen oder zumindest Kleinbetriebe von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ausgenommen? Falls ja, bei welcher Belegschaftsstärke liegt ein Kleinbetrieb vor?
    • Wird es großzügigere oder einschränkende gesetzliche Vorgaben zur Art und Weise der ordnungsgemäßen Erfassung geben bzw. wie werden konkreten Vorgaben aussehen?
    • Wie genau soll eine etwaige Vertrauensarbeitszeit in Einklang mit den Vorgaben der Richtlinie bzw. des BAG zu bringen sein; nach dem Koalitionsvertrag sollte die Möglichkeit der Vertrauensarbeitszeit bestehen bleiben?
    • Nutzt der Gesetzgeber die Gelegenheit, seinen Spielraum in Bezug auf das – angesichts der großzügigeren Regelungen der Arbeitszeitrichtlinie - viel zu enge Korsett des ArbZG neu auszuloten und flexiblere Regelungen schaffen, um den immer flexibleren Arbeitsmodellen bzw. der erheblich ausgeweiteten mobilen Arbeit Rechnung zu tragen: 

    zum Beispiel: 

    • Abschied von der täglichen Höchstarbeitszeit, die die Richtlinie nicht vorsieht? 
    • Herausnahme von Spitzenverdienern mit selbständiger Entscheidungsbefugnis? 
    • Regelung (ggf. durch teleologische Reduktion von Art 3 der Richtlinie), ob die arbeitgeberseitig nicht verlangte kurze Beantwortung einer E-Mail am späten Abend durch Arbeitnehmer tatsächlich eine erneute Ruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden auslösen muss?

    Wo also bleibt der 3.Akt?


    Albicker Arbeitsrecht weist in sämtlichen Vortragsveranstaltungen bzw. Inhouse-Schulungen darauf hin, dass die Unterlassung des deutschen Gesetzgebers, unter Berücksichtigung der seit vier Jahren ergehenden aktuellen Rechtsprechung des EuGH nicht mehr unionrechtskonforme deutsche Arbeitsgesetze anzupassen, mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht in Einklang zu bringen ist. Es muss in einem Rechtsstaat gewährleistet sein, dass Adressaten eines Gesetzes dieses lesen – und auch ohne stetige Unterstützung des Hausjuristen - in der betrieblichen Praxis anwenden können. Diesen Anforderungen werden zum Beispiel das Bundesurlaubsgesetz mit seinen Regelungen des deutschen Urlaubsrechts wie auch § 17 KSchG mit seinen Regelungen zur Massenentlassung seit langem nicht gerecht. Auch die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung, die seit der „Stechuhr-Entscheidung“ des EuGH schon lange nach einer Reaktion des Gesetzgebers ruft, gehört in diese Kategorie. 


    Der 3. Akt muss zügig folgen: es besteht akuter Handlungsbedarf für den Gesetzgeber!


    Unternehmen dürfen in Bezug auf derart alltägliche und praxisrelevante Fragen, wie insbesondere über den Umfang und die mögliche konkrete Ausgestaltung der Zeiterfassungspflicht, nicht „im Regen“ stehen gelassen werden!


    Auch für Arbeitgeber besteht Handlungsbedarf:

     

    Zwar ist die Verletzung der Zeiterfassungspflicht derzeit nicht bußgeldbewehrt. Mit einem Bußgeld ist jedoch für den Fall der Nichtbefolgung etwaiger Anordnungen durch die Arbeitsschutzbehörde zu rechnen. Arbeitgeber, die bislang noch untätig geblieben sind, müssen vor diesem Hintergrund jedenfalls individuell eruieren, ob sie sich nun - im Hinblick auf den (hoffentlich) unmittelbar bevorstehenden 3. Akt - auf die Planung und Strategie der einzuführenden Arbeitszeiterfassung beschränken oder schon jetzt - mit der Gefahr, weitergehende Regelungen als vom Gesetzgeber gewollt zu treffen - ein geeignetes System zur Zeiterfassung einführen.


    Unter anderem sind folgende Fragen intern zu prüfen und zu entscheiden: 

    •  Arbeitszeit wird - unabhängig von der gesetzgeberischen Entscheidung - für eine Vielzahl der Abnehmer zu erfassen sein;
    • Ein geeignetes System zur Arbeitszeiterfassung, das im Einklang mit den Vorgaben des BAG steht, eruieren und anschaffen; 
    • Prüfung und Entscheidung, in welcher Form (elektronisch, Papierform etc.) und durch wen die Zeiterfassung erfolgen soll;
    • Prüfung und Entscheidung der Zuständigkeit von stichprobenartigen Kontrollen im Falle der Delegierung der Zeiterfassung; 
    • Vertrauensarbeitszeit und Arbeitszeiterfassung schließen sich nicht aus;
    • Den Betriebsrat bei der Ausgestaltung bzw. einer zumindest vorläufigen Lösung bis zur Aktivität des Gesetzgebers einbinden; 

  • 10.11.2022 | Vortrag Dr. Albicker bei IHK Frankfurt

    „Aktuelles im Arbeitsrecht 2022 – was Arbeitgeber wissen müssen." So lautet der Vortrag, den Dr. Albicker auf Einladung der IHK nach längerer coronabedingter Verlegung der bei Personalverantwortlichen überaus beliebten Veranstaltung erneut halten darf. Ein spannendes Update vor dem Hintergrund der jüngsten bannbrechenden Entscheidungen/ Beschlüsse des BAG vom 13. September 2022 (1 ABR 22/21) zur Thematik Erfassung der Arbeitszeit durch Arbeitgeber und den topaktuellen drei (!) Entscheidungen des EuGH vom 22. September 2022 (C- 518/20 u. C 727/20 sowie C-120/21) zur erneuten Fortentwicklung des Urlaubsrechts. Dr. Albicker wird über diese Entscheidungen hinaus weitere topaktuelle Entscheidungen und wertvolle Gestaltungshinweise präsentieren. Anmeldungen für diese Veranstaltungen sind noch in den kommenden Tagen möglich (s. Homepage der IHK Frankfurt).   

  • 10.10.2022 | Lust auf Assistenz (Sekretariat) bei Albicker Arbeitsrecht? ... Wenn Sie

    gerne etwas Neues machen wollen? … eine abgeschlossene Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte (m/w/d) oder sehr ausgewiesene Erfahrungen in Büroorganisation haben? … höchst engagiert und zuverlässig sind, um die Kanzlei bei allen Aufgaben engagiert zu managen? … das können, was eine Rechtsfachangestellte üblicherweise üblicherweise bewältigt (Sie auch nebst Umgang mit MS-Office-Paket; Excel/ PowerPoint sattelfeste Rechtschreibkenntnisse (Schreiben nach Diktat) aufweisen)? … gute Englischkenntnisse in Schrift und Wort haben? … an vorderster „Front“ in komplexen Mandaten im Arbeitsrecht für Arbeitgeber und Führungskräften mitfiebern möchten? … lieber ohne große Teams im Großraumbüro in ruhiger gepflegter Atmosphäre in bester Lage arbeiten möchten? … flexibel und (auch) in Teilzeit arbeiten wollen? … eine angemessene Vergütung anstreben?

     

    Dann lohnt sich der nächste Schritt: bewerben Sie sich bis 15. November 2022 (spätestens) mit vollständigen Bewerbungsunterlagen (CV, Nachweise/ Zeugnisse)!

    Schriftlich oder per Email (kontakt@albicker-arbeitsrecht.de).

    Und: eine Antwort von uns ist garantiert…

  • 07.10.2022 | Albicker Arbeitsrecht und Referendariat für Anwalts- oder Wahlstation?

    Lust auf Arbeitsrecht pur? Lust auf Unterstützung von Albicker Arbeitsrecht in komplexen Mandaten betreffend Arbeitgeber und Führungskräfte? Lust auf Referendarausbildung in persönlichem und lockerem Ambiente inmitten der Frankfurter City?

     

    Dann bewerben Sie sich gerne!

     

    Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung ist ein zumindest „befriedigendes“ erstes Staatsexamen mit Zusatzqualifikationen, die ein ausgewiesenes Interesse an Arbeitsrecht Unternehmen, Wirtschaft und wirtschaftlichen Zusammenhängen aufweisen.

     

    Fremdsprachenkenntnisse sind ein Pluspunkt. Vielseitige Interessen in Sachen Kultur, Politik und alles, was sonst noch interessant ist, ebenfalls…

     

    In der engeren Auswahl angekommen und eine Vakanz vorausgesetzt, ermöglichen wir Ihnen gerne, sich über unsere Kanzlei und unser Ausbildungskonzept für Referendare aus erster Hand zu informieren.

     

    Ansprechpartner: Dr. Steffen Albicker

     

    Kontaktdaten. s. Homepage Kontakt

  • 20.09.2022 | Vortrag Dr. Albicker beim Wirtschaftsrat / Sektion Taunus in der Villa Borgnis, Hauptstraße 1 in Königstein im Taunus

    „Vom Arbeitsvertrag bis zur Massenentlassung – eine pointierte Rundreise durch das aktuelle Arbeitsrecht für Arbeitgeber“. So lautet der Vortrag, den Dr. Albicker auf Einladung des Wirtschaftsrats vor Unternehmern in der Villa Borgnis ab 18 Uhr 30 halten darf. Angesichts des am 13. September 2022 vom BAG veröffentlichten Beschluss (1 ABR 22/21) zur Thematik Erfassung der Arbeitszeit durch Arbeitgeber ein spannender Zeitpunkt für ein Arbeitsrechtsupdate. Mandanten von Albicker Arbeitsrecht sind nach entsprechender Anmeldung (am besten per Email) bei der Kanzlei berechtigt, an der mit einem 2-Gang-Menü verbundenen kostenpflichtigen Vortragsveranstaltung teilzunehmen. 


    Ansprechpartner: Dr. Steffen Albicker

    Kontaktdaten. s. Homepage Kontakt

  • 01.07.2022 | Änderung des deutschen Nachweisgesetzes am 23. 06. 2022 verabschiedet - kurzfristiger Handlungsbedarf für jeden Arbeitgeber!

    Der deutsche Gesetzgeber hat mit der Verabschiedung der Änderung des Nachweisgesetzes am 23. Juni 2022 (erheblich verzögert) die EU- Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union (EU) umgesetzt. Die Gesetzesändern gebietet eine rasche Überprüfung der derzeit verwendeten Arbeitsverträge bzw. bislang zur Erfüllung des Nachweisgesetzes gemachten Angaben gegenüber Arbeitnehmern. 

     

    Viel Zeit bleibt hierfür nicht: 

    Bei neu ab 1. August 2022 begründeten Arbeitsverhältnissen muss zum Teil schon am Tage der ersten Arbeitsleistung informiert werden. Für schon vor dem 1. August 2022 bestehende Arbeitsverhältnisse müssen entsprechende Nachweise erst nach Aufforderung durch Arbeitnehmer, dann allerdings teilweise schon am 7. Tag nach Zugang der Aufforderung, ausgehändigt werden. Aushilfsjobs von bis zu einem Monat sind vom Nachweisgesetz nicht mehr ausgenommen, so dass das Gesetz für alle AN gilt

     

    I. Ein kurzer Überblick

     

    1. Bußgeld von bis zu € 2000,00 droht!

    Bislang waren Verstöße gegen das Nachweisgesetz zumeist folgenlos. Nun droht ein Bußgeld (Ordnungswidrigkeit) von bis zu € 2000,00 für jeden Verstoß, also, wenn die Niederschrift mit den wesentlichen Vertragsbedingungen 

     

    nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig  ausgehändigt worden ist. 

     

    Kontrollen durch die Behörden sollen stattfinden. 

     

    2. Digital/ elektronisch genügt in Deutschland nicht!

     

    Die Richtlinie sah hinsichtlich der Form Vereinfachungen vor. Sie lässt es ausreichen, wenn die Nachweise elektronisch übermittelt werden. Nicht so in Deutschland! 

     

    Deutschland hat, soweit ersichtlich als einziger Mitgliedsstaat der EU - von dieser Lockerungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht. 

     

    Hieraus folgt: es wird unverändert die Wahrung der gesetzlichen Schriftform vorausgesetzt. Dies bedeutet: eine eigenhändige Unterschrift auf einem Papierausdruck ist erforderlich. Die Übermittlung als eingescanntes Dokument genügt nicht. Erfolgen die Nachweise schon über den eigenhändig unterzeichneten Arbeitsvertrag, macht dies grundsätzlich eine gesonderte Übermittlung eines Nachweisschreibens hinfällig. 

     

    Erfolgen die Nachweise über den Arbeitsvertrag, macht dies nach dem Gesetz einen Nachweis in einem gesonderten Sachreiben grundsätzlich entbehrlich. Misslich für Unternehmen, die trotz bestehender Bedenken dazu übergegangen sind, Arbeitsverträge elektronisch abschließen:

     

    Diese sind aus dem vorgenannten Grund nun gezwungen, alle Nachweise gesondert durch eigenhändig unterschriebenes Schreiben auf einem Papierdokument zu erstellen. Es müssen mithin alle wesentlichen Arbeitsbedingungen neu erfasst werden. 

     

    Ob es besser ist, die geforderten (erweiterten) Nachweise durch Angaben besser schon im Arbeitsvertrag oder durch ein gesondertes Formular zu übermitteln, ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Für Letzteres bedarf es nur der Erklärung durch den Arbeitgeber.

     

    3. Katalog der wesentlichen Arbeitsbedingungen gemäß § 2 NachweisG erweitert! 

     

    Folgende Bedingungen müssen zusätzlich in die Erklärung aufgenommen, soweit im Einzelfall relevant: 

    • Enddatum bei befristeten Arbeitsverhältnissen;
    • Möglichkeit, dass Arbeitnehmer ihren jeweiligen Arbeitsort frei wählen können, sofern vereinbart;
    • Dauer der Probezeit, sofern vereinbart;
    • Vergütung von Überstunden;
    • die Fälligkeit des Arbeitsentgelts und die Form, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird;
    • vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie, bei vereinbarter Schichtarbeit, das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für die Schichtänderungen;
    • Einzelheiten zur Arbeit auf Abruf, falls vereinbart;
    • die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen;
    • ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellter Fortbildung;
    • im Grundsatz: Name und Anschrift des Versorgungsträgers der betrieblichen Altersversorgung, falls eine solche gewährt wird;
    • „Rechtsbehelfsbelehrung“ durch Hinweis auf das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren (Einzelheiten streitig und rechtlich zu prüfen, aber mindestens: das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage);
    • Hinweis auf die anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen;
    • erweiterte Dokumentationspflichten für Sachverhalte, bei denen Arbeitnehmer länger als vier aufeinanderfolgende Wochen im Ausland arbeiten und/oder der Auslandsaufenthalt unter den Anwendungsbereich der Entsendungsrichtlinie (96/71/EG) von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen fällt.

     

    4. Neue (verkürzte) drei Fristen für schriftliche Unterrichtung!

     

    Bislang galt:

    Unterrichtung spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses.

     

    Künftig gilt: Das NachwG unterscheidet nach dem Unterrichtungsgegenstand und sieht hierzu gestaffelte kürzere Fristen vor (1. Tag der Arbeitsleistung, 7 Tage bzw. 1 Monat nach vereinbartem Beginn Arbeitsverhältnis) 

    Für die Praxis dürfte sinnvoll sein: 

    sich stets an der kürzesten Frist zu orientieren und die Aushändigung spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung vorzunehmen, um sich unnötigen Aufwand zu ersparen und zudem das Risiko zu vermeiden, Fristen zu verpassen

     

    Wichtig: Bei Änderung von wesentlichen Vertragsbedingungen während des Arbeitsverhältnisses gilt grundsätzlich: Unterrichtung spätestens an dem Tag, an dem die Änderungen wirksam werden! Es sollten mithin unternehmensintern entsprechende Prozesse hierzu eingerichtet werden.

     

    5. Weitere unauffällig verabschiedete Regelungen beachten und prüfen!

     

    • Unterrichtungspflicht über etwaige Ansprüche von AN auf vom AG bereitgestellte Fortbildungen und die Kostentragung; 
    • Bei Übernahmegesuch durch Leih – AN: neue Informationspflicht bei Arbeitnehmerüberlassung (§§ 11 I 1, 16 I Nr. 8 AÜG) und neue fristgebundene Reaktionspflicht etwaiger Entleiher auf Wunsch von Zeitarbeitnehmern nach Abschluss eines Arbeitsvertrages; 
    • Teilzeitbeschäftigte: Erleichterung des Übergangs von befristetem in unbefristetes Arbeitsverhältnis; Monatsfrist für Reaktion des AG auf Verlangen des AN.
    • Arbeit Auf Abruf: Pflicht zu Vereinbarung Zeitrahmen (Referenzstunden und Referenztage), innerhalb dessen Arbeitgeber Arbeit abrufen kann. 

     

    II. Handlungsbedarf und Handlungsempfehlungen für Unternehmen

     

    Fest steht: 

    Arbeitgeber müssen selbst bzw. bei Bedarf unter Hinzuziehung ihrer arbeitsrechtlich versierten Berater handeln, um etwaige Bußgelder zu vermeiden.

     

    Es empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:

     

    1. Klärung, ob Arbeitsverträge jetzt oder in absehbarer Zeit elektronisch oder unverändert durch eigenhändige Unterschrift abgeschlossen werden. Wenn die Nachweispflichten mit dem Arbeitsvertrag erfüllt werden sollen, muss die (gesetzliche) Schriftform eingehalten werden!

     

    2. Prüfung, über welche „wesentliche Arbeitsbedingungen“ bislang informiert wurde und in welcher Form (über den Arbeitsvertrag bzw. gesondertes Dokument) die Informationen ausgehändigt wurden; 

     

    3. Einzelfallprüfung, welche relevanten wesentlichen Arbeitsbedingungen aus dem erweiterten Katalog des NachwG bis 01. August 2022 zur Erfüllung der gesetzlichen Pflicht nun ergänzt werden müssen;

     

    4. Grundsatzentscheidung/ Erörterung eines jeden Unternehmens, ob die Nachweise durch Formulierung in den Standardarbeitsverträgen oder durch ein gesondertes Formular erfolgen sollen; möglich ist auch die Information teilweise durch den Arbeitsvertrag und teilweise durch Nachweisschreiben. 

     

    5. Beachtung der gesetzgeberischen Frist vom 01. August 2022 in Bezug auf neu eintretende Arbeitnehmer bzw. Vorbereitung der Reaktion für den Fall, dass beschäftigte Arbeitnehmer einen entsprechenden Nachweis verlangen (z. B. Vorbereitung von Templates etc.). Ggf. empfiehlt sich, allen bereits beschäftigten AN ein standardisiertes Nachweisschreiben in die Hand zu drücken.

     

    6. Der Arbeitsvertrag sollte nun erst recht stets vor Arbeitsantritt geschlossen werden. 

     

    Ein etwaiger gesonderter Nachweis kann hierbei gesondert mit ausgehändigt werden. Es sollte erkennbar sein, dass mit diesem die Verpflichtungen aus dem Nachweisgesetz erfüllt werden sollen und diese – als „Wissenserklärungen des Arbeitgebers jederzeit aktualisiert bzw. modifiziert werden können (insbesondere für weitere Anpassungen des NachweisG bzw. spätere Klärung derzeit streitiger Rechtsfragen sinnvoll)

     

    7. Unabhängig von dem nun aufgetretenen Handlungsbedarf sollten Standardarbeitsverträge regelmäßig dahingehend überprüft werden, ob sie die strengen Vorgaben der sich stetig entwickelnden Rechtsprechung noch erfüllen. Als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305ff. BGB unterliegen arbeitsvertragliche Klauseln einer strengen Prüfung durch die Arbeitsgerichte. 

     

    Und: unter der Voraussetzung, dass Arbeitgeber als Basis einen solide formulierten Vertrag verwenden, hält sich der jährliche Check und damit verbundene anwaltliche Aufwand im Rahmen. 


  • 10.06.2022 | „Arbeitsrecht für Arbeitgeber“ jährliche Vortragsveranstaltung für Personalverantwortliche – Update 2022

    Auch in diesem Jahr präsentiert Albicker Arbeitsrecht die breite Palette aktueller arbeitsrechtlicher Entscheidungen für die betriebliche Praxis, pointiert und mit praktischen Hinweisen aus der Perspektive des Arbeitgeberanwalts.


    Im Anschluss an den Vortrag gibt es die Möglichkeit, aktuelle Entwicklungen und Fragen bei guten Getränken und einem Flying Buffett zu erörtern oder sich einfach dem angenehmen Austausch unter Personalverantwortlichen zu widmen.


    Vortragender: Dr. Steffen Albicker 

    Zeit: 18 Uhr 


    Es handelt sich um eine unentgeltliche Veranstaltung für Mandanten von Albicker Arbeitsrecht oder interessierte Bekannte/ Personalverantwortliche von Albicker Arbeitsrecht, die bei der Anmeldung Vorrang genießen  Auch die Teilnahme sonstiger Personalverantwortlicher ist im Einzelfall möglich und willkommen. Bitte beachten Sie die limitierte Teilnehmerzahl. Teilnahme nur nach vorheriger Anmeldung schriftlich (auch per Email. Kontaktdaten. s. Homepage Kontakt) und individueller Teilnahmebestätigung durch die Kanzlei möglich! Aktuelle Corona-Auflagen finden selbstverständlich Beachtung.


    Veranstalter: Albicker Arbeitsrecht, Frankfurt am Main

    Ort: Villa Bonn, Siesmayerstr. 12, 60323 Frankfurt am Main

  • 15.05.2022 | Arbeitsrecht für Arbeitgeber und Datenschutz

    Arbeitsrecht gewollt und Datenschutz bekommen? – Sind Arbeitgeber im arbeitsrechtlichen Konfliktfall Ansprüchen gemäß Art. 15 DSGVO wehrlos ausgesetzt?


    Die betriebliche Praxis bringt es mit sich, dass Personalverantwortliche, die sich im Rahmen ihrer Kompetenzen eigentlich auf die Lösung eines arbeitsrechtlichen Konflikts konzentrieren möchten, auch über den fachlichen Tellerrand hinausblicken müssen. So kommt es zunehmend vor, dass Arbeitnehmer sich im mitnichten nur arbeitsrechtlich, sondern flankierend mittels anderer Mittel zur Wehr setzen, indem sie zum Beispiel einen Anspruch auf Auskunft über verarbeitete personenbezogene Daten bzw. Zurverfügungstellung von Kopien gemäß Art. 15 DS-GVO geltend machen. Nicht selten gefolgt von einem Schadensersatzanspruch. Mitnichten ist böse, wer unterstellt, dass der nach Auffassung einzelner Betroffener findige „Umweg“ über datenschutzrechtliche Ansprüche häufig taktisch bedingt ist und eigentlich zur „Ausfahrt (höhere) Abfindung “ navigieren soll, mittels derer sich der Arbeitgeber im Ergebnis vom erhöhten „Lästigkeitsfaktor“ freikaufen soll. 


    Ob es für Arbeitgeber opportun ist, die Problematik eines arbeitsrechtlichen Konflikts wegen des Hinzutretens datenschutzrechtlicher Aspekte anders zu lösen, als es (arbeitsrechtlich) geboten und angemessen ist, ist zweifelhaft und sollte gut bedacht sein; zumal sich hierdurch die Gefahr erhöht, dass „Trittbrettfahrer“ sich motiviert fühlen könnten, sich an dem „datenschutzrechtlichen Umweg“ ein Beispiel zu nehmen. 


    Bekanntlich lässt sich eine Konfliktlösung nicht im mathematischen Sinne sicher vorausbestimmen. Häufig hängt der Ausgang des Konflikts - insbesondere im Arbeitsrecht – nicht nur von der Klärung von Rechtsfragen, sondern ergänzend von diversen individuellen Umständen, zeitlichen Abläufen, der richtigen Reaktion zur rechten Zeit, Rechtskenntnissen und Motiven der Gegenseite, der „Chemie“ zwischen Beratern und manchmal tatsächlich auch von Zufällen ab. Die Erfahrung lehrt daher: „Schnellschüsse“ – und damit eine ungeprüfte und emotional beladene Vorgehensweise - gehen häufig nach hinten los. Rechtslage und strategische Vorgehensweise sollten stets sorgfältig unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls sorgfältig geprüft werden. So auch im Umgang mit Art. 15 DS-GVO durch Personalverantwortliche. 


    Art. 15 Abs. 1 DS-GVO sieht unabdingbar vor, dass die betroffene Person zunächst das Recht hat, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, „ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet“ werden. Ist dies der Fall, hat sie ein „Recht auf Auskunft“ über diese und die unter Art. 15 Abs. 1 a) bis d) DS-GVO genannten Informationen. Nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO stellt der Verantwortliche „eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung“.


    Über die Frage, ob es sich beim Auskunfts- und Kopieanspruch um zusammenhängende oder zwei getrennte Ansprüche handelt, wird ebenso wie über diverse weitere datenschutzrechtliche Fragen noch kontrovers diskutiert. Mit Spannung wird beispielsweise auch noch der höchstrichterlichen Klärung der Frage entgegengesehen, ob eine „betroffene Person“ verlangen kann, Kopien gesamter Dokumente (also ganzer Schriftstücke, Emails etc.), in denen personenbezogene Daten enthalten sind, zu erhalten, oder nur, dass die nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO mitzuteilenden personenbezogenen Daten benannt werden (also beschränkt auf die personenbezogenen Daten, die sich im jeweiligen Dokument befinden). Es wird erwartet, dass der EuGH in überschaubarem Zeitraum „Licht in das Dunkel“ in diese oder andere Fragen bringen wird.


    Die Antwort auf die Eingangsfrage lautet: Nein! Arbeitgeber sind Ansprüchen auf Erteilung von Auskünften bzw. Zurverfügungstellung von Kopien nicht wehrlos ausgesetzt!


    Die nachfolgenden rechtlichen und erfahrungsbasierten Hinweise mögen Personalverantwortlichen, die mit der für den Trennungsprozess auf den ersten Blick „sachfremden“ Reaktion des Arbeitnehmers konfrontiert sind, eine grobe Orientierungshilfe im Umgang mit der angesprochenen Konstellation geben:


    Gestaltungshinweis 1: 

    Sorgfältige Prüfung des geltend gemachten (datenschutzrechtlichen) Anspruchs unter Beachtung der jeweils aktuellen Rechtsprechung zu Art. 15 DS-GVO


    Erfreulicherweise hat das BAG in zwei jüngeren Entscheidungen in Bezug auf zu weitgehende Ansprüche einen „Riegel“ vorgeschoben. In beiden Fällen argumentierte das höchstrichterliche Gericht prozessual und erteilte den jeweils zu pauschalen und unpräzisen Ansprüchen eine Absage, indem es die Klagen abwies bzw. an die Vorinstanz zurückverwies. 


    BAG - Urteil vom 16.12.2021 (AZ: 2 AZR 235/21): Erteilung von Auskunft/Zurverfügungstellung von Kopien:

    Der Kläger, der als Leiter Controlling bei dem beklagten Unternehmen beschäftigt war und dessen Arbeitsverhältnis auf Basis von Vorwürfen, die über das dortige Hinweisgebersystem ermittelt worden waren, gekündigt worden war, verlangte die Erteilung von Auskunft über die von der Arbeitgeberin verarbeiteten und über ihn „nicht in der Personalakte gespeicherten personenbezogenen Leistungs- und Verhaltensdaten“ sowie die Zurverfügungstellung von Kopien „seiner personenbezogenen Leistungs- und Verhaltensdaten, die Gegenstand der vom Arbeitgeber vorgenommenen Verarbeitung“ waren. 


    Das BAG bewertete den Klageantrag als nicht „hinreichend bestimmt“ (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Zugleich stellte es fest, dass auch der Urteilstenor der Vorinstanz LAG Baden-Württemberg), in der der Kläger teilweise obsiegt hatte, nicht hinreichend bestimmt bzw. nicht vollstreckungsfähig sei. Das LAG hatte den Antrag des Klägers noch „verschlimmbessert“, indem es seinen Urteilstenor durch den Verweis auf Ausnahmetatbestände des BDSG ergänzt hatte, die ihrerseits infolge unbestimmter Rechtsbegriffe unklar sind, so dass im Falle eines Prozesserfolgs des Klägers nicht klar gewesen wäre, auf welche personenbezogenen Daten sich die Verurteilung konkret beziehen soll. Das BAG setzte mit dieser derzeit jüngsten Entscheidung auf sein vorheriges Urteil vom 27.04.2021 auf. 


    BAG- Urteil vom 27.04.2021 (AZ: 2 AZR 342/20): Zurverfügungstellung von Kopien:

    Der Kläger, ein Wirtschaftsjurist, dessen Arbeitsverhältnis schon nach einem Monat Betriebszugehörigkeit wieder gekündigt worden war, verlangte von der beklagten Arbeitgeberin Auskunft (Art 15 Abs. 1 DS-GVO) und sodann – nach Erteilung von Auskünften vor dem BAG - nur noch Zurverfügungstellung von Kopien „seiner personenbezogenen Daten“, die „Gegenstand der von ihr erteilten Auskunft waren“, insbesondere Kopie des vollständigen mit ihm geführten E-Mail–Verkehrs. 


    Auch diese Klage scheiterte in Bezug auf die verlangten Kopien der E-Mails an der „nicht hinreichenden Bestimmtheit des Klageantrages“. Der Kläger habe es unterlassen, in vollstreckungsfähiger Weise anzugeben, welche personenbezogenen Daten konkret Gegenstand des Klageverfahrens (welche E-Mails genau) sein sollen. ´Im Falle mangelnder Kenntnis über diese müsse der Kläger sich diese zunächst verschaffen, was im Zweifel über die Erhebung einer sog. – freilich zeitintensiveren - Stufenklage erfolgen könne (1. Stufe: Geltendmachung Auskunftsanspruch, ggf. 2. Stufe: Abgabe eidesstattliche Versicherung, 3. Stufe: Kopieanspruch bezüglich der sich aus der Auskunft ergebenden E-Mails). Wichtig: das BAG ließ offen, ob es – im Gegensatz zum Anspruch auf Kopieerteilung für den Auskunftsanspruch ausreichen würde, im Klageantrag nur den Wortlaut des Gesetzes (Art. 15 Abs. 1 DS-GVO) zu wiederholen. 


    Zwischenfazit:

    Unabhängig davon, dass die Entscheidungen in der datenschutzrechtlichen Literatur Kritik ausgesetzt sind, und der BGH in seinem Urteil vom 15.06.2021 – VI ZR 576/19 eine durchaus großzügigere Auffassung als das BAG vertreten hat, wonach es für den dortigen Kläger ausreichte, in seinem Klageantrag die Erteilung von Auskunft „mittels Zurverfügungstellung der jeweiligen Kopie über alle vom Verantwortlichen verarbeiteten personenbezogenen Daten der betroffenen Person“ zu verlangen (der Kopieanspruch mithin wohl nur ein „Unterfall“ des Auskunftsanspruchs ist), sind die Urteile des BAG zumindest im Rahmen arbeitsrechtlicher Konflikte eine wichtige Hilfe für Personalverantwortliche. Sie können herangezogen werden, um sich gegen etwaige sachfremde, häufig durch Arbeitnehmer im „Schnellschuss“ geltend gemachte, Ansprüche zur Wehr zu setzen.


    Die Argumentation des BAG dürfte auch für Fälle der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche gemäß Art 15 DS-GVO hilfreich sein. Feststeht ohnehin, dass der datenschutzrechtliche Verantwortliche von der betroffenen Person verlangen kann, zunächst zu präzisieren, auf welche Information bzw. welche Verarbeitungsvorgänge sich der Auskunftsanspruch bezieht, wenn dieser „eine große Menge von Informationen“ über sie verarbeitet.


    Gestaltungshinweise für Arbeitgeber:

    ·       Außergerichtlich und gerichtlich geltend gemachte Ansprüche gemäß Art. 15 DS-GVO auf ausreichende Konkretisierung im oben genannten Sinne durch fachlich versierte Berater prüfen lassen!

     

    ·       (Schriftliche) Zurückweisung zu weitgehender bzw. unkonkreter Ansprüche (auch auf diesen basierender Schadensersatzansprüche)!

     

    ·       Knappe schriftliche Aufforderung zur Konkretisierung des Zwecks des Auskunftsverlangens und Auskunftsverlangens selbst! 

     

    ·       Empfehlenswert: Standardisierung solcher Schreiben und klare Regelung von Zuständigkeiten im Unternehmen!

     

    ·       Falls Prüfung aus Arbeitgebersicht negativ: 

    Prüfung von Ausnahmetatbeständen gemäß Art. 15 Abs. 4 DS-GVO, Art 23 DS-GVO, § 29Abs. 1 Satz 2 BDSG, § 34 Abs. 1 Nr. 2 BDSG, § 242 BGB - Rechtsmissbrauch, Art. 12 Abs. 5 DS-GVO) und ggf. Zurückweisung mit kurzer Begründung (s.u.) 

     

    Interessant: Urteil des LAG Sachsen v. 17.02.2021 – 2 Sa 63/20: 

    Auskunftsverlangen rechtsmissbräuchlich/zweckwidrig, wenn AN Auskunft über verarbeiteten Arbeitszeiten verlangt, um seinen Anspruch auf Vergütung angeblicher Überstunden darlegen und belegen zu können…


    Gestaltungshinweis 2: Frist Art. 12 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO beachten!


    Ist der Antrag hinreichend bestimmt, so hat der Arbeitgeber als „Verantwortlicher“ den Anspruch zu erfüllen. Nach Antragsstellung hat dieser unverzüglich zu handeln. Art 12 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO fordert unverzüglich, jedenfalls aber innerhalb einer Regelfrist von einem Monat nach Eingang des Antrages, tätig zu werden und den Anspruch zu erfüllen. Diese Frist kann nur ausnahmsweise - begründet - um zwei Monate verlängert werden. Wichtig: Die Nichtbeachtung oder unvollständigen Bearbeitung des Antrages kann nach Art 82 DS-GVO ein Bußgeld wie auch Schadensersatz auslösen. 

    Es empfiehlt sich, auch eine etwaige Ablehnung bzw. Forderung der Konkretisierung innerhalb der vorgenannten Frist mit zumindest knapper Begründung mitzuteilen, um die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu vermeiden!


    Nicht vergessen: Korrespondenz und Fristwahrung dokumentieren!


    Gestaltungshinweis 3: Arbeitsrecht Arbeitsrecht und Datenschutz Datenschutz sein lassen? Einiges spricht dafür!


    Für datenschutzrechtlich gut vorbereitete Arbeitgeber kann es sich aus arbeitsrechtlicher Sicht lohnen, den Anspruch auf Auskunft bzw. Erteilung von Kopien als das zu behandeln, was er ist: ein datenschutzrechtliches Betroffenenrecht! Wer berechtigt Interesse an der Verarbeitung personenbezogener Daten hat, soll die Auskunft/ Kopien im Zweifel erhalten. Arbeitgeber sollten diesen Anspruch mithin, soweit Ihnen möglich, ordnungs- und fristgemäß ohne Bezugnahme auf den arbeitsrechtlichen Konflikt erfüllen. 


    Das Hauptaugenmerk der Personalverantwortlichen kann hierdurch rasch wieder auf die Lösung des arbeitsrechtlichen Konflikts reduziert werden. Arbeitnehmer müssen nach Erfüllung des Anspruchs und ihrem Umweg über das Datenschutzrecht zudem ernstlich damit rechnen, dass Arbeitgeber ihre ursprünglichen Vorstellungen im Hinblick auf die Trennungsmodalitäten noch konsequenter umsetzen als ursprünglich intern beabsichtigt.


    Die Erfahrung von Albicker Arbeitsrecht hat in vergleichbaren Konstellationen in jüngerer Vergangenheit wiederholt gezeigt, dass der beabsichtigte arbeitnehmerseitige Druck im Hinblick auf eine Abfindungszahlung bzw. völlig übersteigerte Abfindungsvorstellung mit Erfüllung des taktisch bedingten, jedoch ordnungsgemäß geltend gemachten, Anspruchs gemäß Art. 15 DS-GVO sehr rasch abnahm. Die Aussicht der betroffenen Arbeitnehmer, die an der Erlangung vertiefter Kenntnisse über das Schicksal verarbeiteter Daten erkennbar nicht tatsächlich bzw. ernstlich interessiert waren, profitierten in diesen Fällen nicht von einer höheren Abfindung, zumal die Verhandlungsatmosphäre durch den von Ihnen „gewählten“ Umweg und den damit durchaus in gewissem Maße erhöhten Aufwand erheblich belastet war.


    Stets Grundsatz der Datensparsamkeit und Recht auf Datenlöschung beachten


    Eine souveräne Reaktion setzt freilich voraus, dass Datenschutz und seine Organisation im Unternehmen ernstgenommen werden. Dies im Zweifel nachzuholen, ist höchste Zeit. Die eigene Datenschutzorganisation sollte so aufgestellt sein oder werden, dass Daten sparsam erhoben und entsprechend gesetzlichen Löschfristen auch wieder gelöscht werden. Rechtmäßig bzw. fristgerecht gelöschte Daten können nicht herausgegeben werden, so dass die Erfüllung des Auskunftsanspruche unmöglich wird, mithin nicht mehr durchsetzbar ist. 


    Wer die datenschutzrechtlichen Grundprinzipien grundsätzlich verordnungs- bzw. gesetzeskonform beachtet, wird den Auskunftsanspruch nicht fürchten müssen.


    Gestaltungshinweis 4: Mehr Abfindung wegen Auskunftsanspruch?

     

    Nicht selten schwindet das Interesse an der tatsächlichen Auskunftserteilung mit der Zusage einer (höheren) Abfindung. Ob Arbeitnehmer, die sich in einem Trennungsprozess befinden und „eigentlich“ kein gesteigertes Interesse an dem Schicksal der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten bei ihrem Arbeitgeber haben, (inhaltlich und taktisch) gut beraten sind, zur Durchsetzung ihrer vorwiegend arbeitsrechtlichen Interessen einen Anspruch gemäß Art 15 DS-GVO geltend zu machen, ist aus Sicht von Albicker Arbeitsrecht aus diversen Gründen zweifelhaft. Abhängig von der Rechtslage und der Aufstellung des Unternehmens in datenschutzrechtlicher Hinsicht kann es im Einzelfall jedoch durch Konstellationen geben, in denen Gespräche mit der Arbeitnehmerseite im Hinblick auf eine wohlwollendere Lösung des arbeitsrechtlichen Konflikts sinnvoll sein können. 


    Gestaltungshinweis 5: Vergleichsweise Erledigung der Ansprüche gemäß Art. 15 DS-GVO?


    Es ist davon auszugehen, dass der Anspruch für die Zukunft nicht abdingbar ist. Es lohnt sich, abhängig vom konkreten Konfliktfalle im Auflösungsvertrag auch die tatsächliche Erledigung bzw. Erfüllung der Ansprüche gemäß Art. 15 DS-GVO anzusprechen bzw. ggf. im Wege eines Tatsachenvergleichs zu regeln, dass die Parteien sich über die ordnungsgemäße Erfüllung des Anspruchs gemäß Art 15 DS-GVO einig sind bzw. auf Seiten des Arbeitnehmers an der Erteilung von Auskünften/Kopien kein Interesse besteht.


    Angesichts der Komplexität der oben genannten Konstellationen empfiehlt es sich, zu deren Lösung stets einschlägige interne bzw. externe Spezialisten hinzuziehen.

  • 01.03.2022 | Startschuss: Albicker Arbeitsrecht und Referendariat

    Große Freude allerseits: Am 1. Januar 2021 ging Albicker Arbeitsrecht an den Start. Seit Beginn des Jahres 2022 hat die erste Stationsreferendarin ihre sechsmonatige Praxisausbildung bei Albicker Arbeitsrecht aufgenommen.


    Ob gerichtliche Auseinandersetzung oder aktive Rolle im Rahmen einer arbeitsrechtlichen Compliance–Untersuchung, vom ersten Tag genug zu tun, um Kanzleigründer Dr. Albicker bei der Bearbeitung komplexer arbeitsrechtlicher Mandate für Unternehmen und Führungskräfte zu unterstützen und sich fit zu machen – auf dem Weg zum Examen und in die Welt des Arbeitsrechts.


    Auch Lust auf Arbeitsrecht pur? Auf Unterstützung von Albicker Arbeitsrecht in komplexen Mandaten für Arbeitgeber und Führungskräfte? Lust auf Referendarausbildung in persönlichem und lockerem Ambiente inmitten der Frankfurter City? 


    Dann kommen Sie (nach entsprechender vorheriger Anmeldung) auf einen Kaffee vorbei. Oder: bewerben Sie sich gerne:

    Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung: ein zumindest „befriedigendes“ erstes Staatsexamen mit Zusatzqualifikationen, die ein ausgewiesenes Interesse an Arbeitsrecht Unternehmen, Wirtschaft und wirtschaftlichen Zusammenhängen aufweisen. Fremdsprachenkenntnisse sind ein Pluspunkt. Vielseitige Interessen in Sachen Kultur, Politik und alles, was sonst noch interessant ist, ebenfalls…


    Ansprechpartner: Dr. Steffen Albicker

    Kontaktdaten. s. Homepage Kontakt

  • 10.11.2021 | Abfindungszahlungen ein Selbstläufer? Keineswegs!

    Ob Umstrukturierung, Massenentlassung oder Individualangelegenheit - die Thematik Abfindung spielt bekanntlich eine erhebliche Rolle bei der Lösung arbeitsrechtlicher Konflikte. Ob, wann, zu welchen Bedingungen und in welcher Höhe eine Abfindungszahlung in Aussicht gestellt werden soll oder muss, hängt von der jeweiligen Rechtsposition, diversen individuellen Faktoren, ganz besonders jedoch auch der richtigen taktischen Marschrichtung ab. „Schnellschüsse“, wie arbeitgeberseitig einfach „erstmal kündigen“ bzw. von einer Führungskraft ins Blaue hinein geforderte undurchdachte Maximalforderungen können mittelfristig rasch nach hinten losgehen. Dies gilt erst recht, wenn die Gegenseite ihre Weichen im Hintergrund mittels kompetenter Berater längst gestellt hat. Die Rechnung für Fehltritte kommt im Arbeitsrecht bekanntlich zum Schluss.


    Grundsatz: Kein Anspruch auf Abfindung im deutschen Arbeitsrecht

    Selbst wenn grundsätzlich Bereitschaft zur sozialadäquaten Konfliktlösung durch Zusage einer Abfindung besteht, empfiehlt es sich, als Ausgangsbasis im Blick zu behalten:


    Auf die Zahlung einer Abfindung besteht in Deutschland grundsätzlich kein Rechtsanspruch. 


    Insbesondere Unternehmen aus dem Ausland haben großen Respekt vor dem Kündigungsschutz und der Mitbestimmung in Deutschland. In Bezug auf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen besteht die Besonderheit im deutschen Arbeitsrecht zunächst in der Tat darin, dass der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen der allgemeine und besondere Kündigungsschutz vorgeschaltet ist. Als Ausfluss des Sozialstaatsprinzips (Art. 22 Grundgesetz) wird damit die Vertragsfreiheit zu Gunsten des strukturell unterlegenen Arbeitnehmers eingeschränkt. Die Einschränkung endet jedoch, wenn der Arbeitgeber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Kündigung darlegen und belegen kann, was freilich einschlägige Rechtskenntnisse voraussetzt. So muss eine Kündigung beispielsweise durch einen wichtigen Grund (außerordentliche fristlose) bzw. einen verhaltens- personen- bzw. betriebsbedingten Grund (ordentliche Kündigung) sozial gerechtfertigt sein; im Falle des besonderen Kündigungsschutzes (zum Bsp. bei Schwerbehinderung, Mutterschutz, etc.) bedarf sie der vorherigen behördlichen Zustimmung. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, beendet die Kündigung das Arbeitsverhältnis (entschädigungslos). Die Situation im Falle der Kündigung unterscheidet sich dann nicht mehr von derjenigen in Staaten, deren Rechtsordnung Kündigungsschutz bzw. eine entsprechende Einschränkung der Vertragsfreiheit nicht vorsehen. 


    Unbeschadet etwaiger damit verbundener Härten für den Arbeitnehmer, die im Zweifel durch die sozialen Sicherungssysteme abgefedert werden, ist die Berufung des Arbeitgebers darauf, dass ein Arbeitsverhältnis ohne Zahlung einer Abfindung endet, mitnichten „unmoralisch“. Die Vertragsfreiheit ist grundgesetzlich geschützt und umfasst das Recht jeder Vertragspartei und damit auch von Unternehmen, ein Vertragsverhältnis zu begründen, aber auch, dieses wieder aufzulösen.


    Gesetzliche Ausnahmen 

    • Im Falle der Existenz eines Betriebsrats ist an Arbeitnehmer in Betrieben, die von einer sozialplanpflichtigen Betriebsänderung, §§ 112, 111 BetrVG (z. Bsp. Betriebsstilllegung, Umstrukturierungen mit einer Vielzahl von Entlassungen, etc.) betroffen sind, eine mit dem Betriebsrat im Sozialplan vereinbarte Sozialplanabfindung zu zahlen;
    • gem. §§ 9, 10 KSchG löst das Arbeitsgericht auf Antrag einer Partei das Arbeitsverhältnis (ausnahmsweise) auf und legt eine Abfindung fest, wenn eine Kündigung zwar nicht sozial gerechtfertigt ist, jedoch Tatsachen dargelegt und belegt werden, nach denen dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „nicht mehr zumutbar“ bzw. aus Sicht des Arbeitgebers „eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten ist“. Wichtig: für Angestellte in leitender Stellung (§ 14 KSchG, selten) und Risikoträger bestimmter Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute (§ 2 Abs. 8 InstitutsVergV, § 25a Abs. 5a, 5 b KWG) erfolgt die Auflösung auf Antrag, also ohne Begründung).

    Nach den Erfahrungen von Albicker Arbeitsrecht empfiehlt sich die sorgfältige Ermittlung der Rechtsposition auf Seiten von Unternehmen, aber auch Führungskräften und Gesellschaftsorganen vor jeder Einleitung des Trennungsprozesses, unabhängig davon, ob die Trennung zunächst durch Kündigung oder einvernehmliche Lösung erfolgen soll. Erst danach kann seriös ermittelt werden, wohin die „Reise“ gehen soll oder kann. Aus Unternehmenssicht erweist es sich als misslich und „teuer“, wenn „die Kammer“ (des Arbeitsgerichts) sich nach „interner Beratung“ zurückzieht, um sodann zur Abwendung einer Pro-zessniederlage gegen Zahlung einer exorbitanten Abfindung „vorschlägt“. Dies jedenfalls dann, wenn dies nicht zuvor als mögliches „kalkuliertes Risiko“ in Kauf genommen wurde. Nicht minder ärgerlich ist es auch für eine Führungskraft, wenn der Arbeitgeber sein Angebot zurückzieht, nachdem sich die Gegenseite „verpokert“ hat, weil sie sich auf der Grundlage einer nicht geprüften oder verkannten Rechtsposition in völlig überdehnte Abfindungskonditionen verbissen hat. Entsprechendes gilt umgekehrt für durch nichts gerechtfertigte Bescheidenheit im Rahmen der Abfindungsvorstellungen.

     

    Abfindung Verhandlungssache 

    Grundsätzlich gilt mithin: die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache! 


    Mangels gesetzlicher Verpflichtung zur Abfindungszusage existiert folgerichtig keine gesetzlich vorgegebene Abfindungshöhe. Abhängig von Region und Branche gelten, die von der Rechtsprechung zumeist berücksichtigten langjährigen „Faustformeln“: ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit, bis hin - abgängig von Alter und Betriebszugehörigkeit - zu einem Bruttomonatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit. Ob die Parteien sich auf diese oder auch höhere Abfindungssummen mit etwaigen weiteren geldwerten flankierenden Konditionen in „Abfindungspaketen“ zusammenkommen, ist Gegenstand professioneller Verhandlungen. 


    Wie richtig verhandeln? 

    Verhandeln will gelernt sein! 

    Eine Patentlösung gibt es nicht. Rechtliche, taktische und umgangsbezogene „Fettnäpfchen“ sind zu vermeiden.


    Die Herausforderung besteht darin, das richtige Gemisch zwischen arbeitsrechtlicher „Kunst“ und taktischem Geschick zu finden. Ebenso herausfordernd ist schon die Wahl des zum eigenen Stil passenden Spezialisten. Die tägliche Praxis zeigt, dass sich Stil und Herangehensweise arbeitsrechtlicher Berater – selbst gleiches Know-how vorausgesetzt - erheblich voneinander unterscheiden. 


    Sachverhalte unterscheiden sich. Schon geringfügige Veränderungen der Ausgangslage vermögen die rechtliche Beurteilung zu beeinflussen. Ebenso wenig existiert der Mandant, die Gegenseite, der gegnerische Anwalt. Wenige Rechtsgebiete haben so viel mit Menschen, der richtigen Strategie, dem passenden Timing und mit Kommunikation zu tun, wie die arbeitsrechtliche Interessenwahrnehmung. Eine Vielzahl hartnäckig geführter jahrelanger Konflikte resultiert nach der Erfahrung von Albicker Arbeitsrecht aus keiner oder ungeschickter Kommunikation. Oder von wem ist „Geschmeidigkeit“ im Trennungsprozess zu erwarten, der nach langer Betriebszugehörigkeit ohne jede Vorankündigung ein Kündigungsschreiben oder einen juristisch perfekt vorformulierten Aufhebungsvertrag im Briefkasten vorfindet? Die Verhandlungsatmosphäre kann auch durch unangemessenes (auch anwaltliches) Auftreten entscheidend gestört werden. Vielfach wird vergessen: der gegnerische Anwalt ist aus gutem Grund nicht die „Gegenpartei“. Er muss die Interessen seines Mandanten optimal zum Zwecke des Mandatserfolgs vertreten. Dennoch bleibt er nach der Berufsordnung Organ der Rechtspflege. Nach Überzeugung von Albicker Arbeitsrecht ist dem Mandanten häufig dadurch mehr geholfen, ihn transparent über eine etwai-ge eigene fehlerhafte Auffassung aufzuklären anstatt diese anwaltlich hartnäckig „nachzuplappern“. Zu einer massiven Verhärtung von Abfindungsverhandlungen kann schon das grußlose Betreten des Verhandlungsraums bzw. Gerichtssaals, die Weigerung, Änderungen von Klauseln im Aufhebungsvertrag durch Änderungsmodus hervorzuheben oder den Empfang zugestellter Dokumente zu verweigern, was zudem standeswidrig ist, führen.


    Obwohl es allgemeingültige Regeln nicht gibt, ist erfahrungsgemäß die Beachtung gewis-ser „Leitplanken“ auf dem Weg zum Mandatserfolg hilfreich:


    „Leitplanken“ für Personalverantwortliche 


    1. Erfolg ist bekanntlich die Zufriedenheit des Mandanten. 

    Frühzeitige Ermittlung des konkreten Problems, der Zielsetzung und („Streit) -Kultur“ des Unternehmens ist das A und O für den Mandatserfolg. Mit „harter Gangart“ und sicherem Provozieren einer gerichtlichen Auseinandersetzung ist dem zielorientierten und konfliktscheuen Unternehmen ebenso wenig gedient wie - umgekehrt - dem verhandlungsunwilligen und ggf. finanziell angeschlagenen Arbeitgeber mit einer offenen Abfindungsstrategie. 


    2. Wohin geht die „Reise vor Gericht“ im Falle der Nichteinigung? 

    Die vorausschauende Prüfung der Rechtslage ist unabdingbar. Schon bei der Beratung eruieren, was im etwaigen späteren Streitfall vor Gericht auf das Unternehmen zukommt, ist häufig ein Garant für die erfolgreiche Konfliktbewältigung. Dies setzt Prozesserfahrung des Beraters voraus.


    Übliche Kernfragen:

    a. Unterliegt das Arbeitsverhältnis mit dem betroffenen Arbeitnehmer (überhaupt) dem Kündigungsschutz nach dem deutschen Kündigungsschutzgesetz? 

    b. In welchem Betrieb ist dieser beschäftigt? Berücksichtigung des korrekten „Betriebsbegriffs“? Ermittlung/ Beurteilung von Weisungsrechten in Berichtslinie und Matrixstruktur

    c. Liegt ein Fall besonderen Kündigungsschutzes vor (Schwerbehinderung, Elternzeit, Mutterschutz, Betriebsratsamt, etc.)? Falls ja: Vorbereitung notwendiger Schritte (z. Bsp. Einholung behördlicher Zustimmung, etc.)? Ermittlung persönlicher Status des betroffenen Arbeitnehmers? 

    d. Ermittlung und Prüfung von Tatsachen, die die Voraussetzungen eines verhaltens- personen- oder betriebsbedingten Kündigungsgrunds (§ 1 KSchG) bzw. wichtigen Grunds (, außerordentliche Kündigung, § 626 BGB) erfüllen. 

    Weitere Schritte (Abmahnung, betriebliches Eingliederungsmanagement, etc.) erforderlich? 

    e. Ausspruch Verdachtskündigung möglich? Vorbereitung/ Durchführung wirksame Anhörung des Arbeitnehmers?

    f. Eilbedürftigkeit (z. Bsp. Wahrung Kündigungserklärungsfrist)?

    g. Prüfung und Vorbereitung ordnungsgemäßer Anhörung des etwaigen zuständigen Betriebsrats? 

    h. Prüfung/ Vorbereitung Anzeigepflicht von Massenentlassung (§17 KSchG) nebst Einleitung Konsultationsverfahren mit etwaigem zuständigem Betriebsrat; Beachtung/ Nachweis Dokumentationspflichten?

    i. Vertragscheck betroffener Arbeitnehmer (Kündigungsfrist, Tarifgebundenheit mit Alterssicherung, Abfindungszusage, nachvertragliches Wettbewerbsverbot, etc.?)

    j. Verzicht auf nachvertragliches Wettbewerbsverbot möglich/ zielführend?


    3. Verhandlungstaktische/ „Weiche“ Vorfragen:

    a. Bis wann sollte die personelle Einzelmaßnahme umgesetzt sein? Erstellung „Fahrplan“: wer erledigt wann was?

    b. Erst kündigen, erst verhandeln? 

    c. Ist das Gegenüber eher lösungsorientiert oder aggressiv, ängstlich, rechthaberisch, etc.? 

    d. Ist der etwaige gegnerische Anwalt am Markt bzw. persönlich bekannt? Ist er gegenüber konstruktiven schnellen außergerichtlichen Lösungen offen oder ist Vorgehensweise mit „verdecktem Visier“ der bessere Weg?

    e. Vorsorgliche Berücksichtigung möglicher Belange des Betroffenen? (z. Bsp. sozialversicherungsrechtlich: drohende Sperrzeit, Ruhen von Arbeitslosengeldanspruch im Einigungsfalle, Chancen auf Anschlussbeschäftigung, bekannter latenter Abkehrwille, finanzielle/ persönliche Lage)?

    f. Erfassung der bevorzugten Eckdaten (Austrittstermin, Abfindungsfaktoren, offene Vergütung, Klärung variable Vergütung oder sonstiger Benefits, Dienstwagen, Shares oder Stock Options bzw. aufgeschobene Vergütung, Freistellung, etc.)? 

    g. Schnüren etwaiger Abfindungspakets („best case“/ „worst case“)? Klärung Vorgehensweise bei Abfindungsangebot: „gleich in die Vollen“ („take it or leave it“) oder „Salamitaktik“?

    h. Wer ist zuständiger und kommunikativ geeigneter Verhandlungsführer?

    i. Modell „klassische Abfindungslösung“ oder besser „längerfristiges Ausscheiden“ (ohne Abfindung)? Frühzeitige (außergerichtliche Lösung) über Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag bzw. Gerichtsvergleich? Altersteilzeit denkbar/ gewünscht?

    j. Effiziente Kommunikation: Offenes und gut vorbereitetes Personalgespräch, Vorabklärung grundsätzliche Ausscheidensbereitschaft, zunächst Klärung Eckdaten Ausscheidenslösung oder Vorlage vorformulierter Auflösungsvertrag? 

    k. Was ist erforderlich zur Sicherung von Beweisen?


    „Leitplanken“ für Führungskräfte


    1. Erfolg ist bekanntlich die Zufriedenheit des Mandanten. 

    Die frühzeitige Ermittlung des konkreten Problems, der Zielsetzung und („Streit) –Kultur der Führungskraft ist das A und O für den Mandatserfolg:

    Selbstbewusste Führungskraft mit realistischer Chance auf rasche Anschlussbeschäftigung bzw. mit „sportlichem Ziel“, das mitzunehmen, was bei möglichst geringem Aufwand möglich ist? Oder Unerfahrenheit der Führungskraft mit Tren-nungsprozessen bzw. alters- psychisch- oder familiär bedingte Notsituation mit erheblichem Bedarf der finanziellen Absicherung? Taktisches Hinauszögern des Trennungsprozesses geboten bzw. bevorzugt?


    2. Klärung Status der Führungskraft: kein Kündigungsschutz (insbesondere, weil Organmitglied)? Leitender Angestellter (§14 KSchG) bzw. Risikoträger (§ 2 Abs. 8 InstitutsVergV, § 25a Abs. 5a, 5 b KWG)? Ermittlung etwaigen Sonderkündigungsschutzes (Schwerbehinderung, etc.)?


    3. Besondere Eilbedürftigkeit der Angelegenheit (Kündigung erhalten? Unverzügliche Zurückweisung Kündigungsschreiben erforderlich? Droht Erstattung Strafanzeige durch Unternehmen? Anhängigkeit staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens? Einschaltung erstklassige Strafverteidiger empfehlenswert? Einleitung einstweiliges Verfügungsverfahrens nach rechtswidriger Degradierung geboten?)?


    4. Frühzeitige Klärung von Haftungsfragen, insbesondere Organhaftungsansprüchen einschließlich versicherungsrechtlicher Fragestellungen (D&O- Versicherungsschutz, Klärung Deckungssituation, Verhandlung und Abschluss von Organhaftungsvergleichen)


    5. Wohin geht die Reise vor Gericht im Falle der Nichteinigung? Mögliche Kündigungsgründe bekannt? Check offensichtlicher Fehlerquellen (Verkennung Status leitender Angestellter bzw. fehlende Beteiligung Mitbestimmungsorgan; Prüfung gesellschaftsrechtliche Schnittstellen bei Organmitgliedern (Formfehler bei Abberufung, Kündigung, etc.); Nichtwahrung Kündigungsfristen?


    6. Verhandlungstaktische Vorfragen:

    a. Dienst- bzw. Arbeitgeber lösungsorientiert oder streitaffin?

    b. Orientierungswerte in Bezug auf konzern- bzw. unternehmensbekannte Ausscheidungslösungen in vergleichbaren Angelegenheiten?

    c. Frühzeitige Abstimmung gewünschten „Abfindungspakets“?

    d. Alternativmodelle realistisch und gewünscht (z. Bsp. Altersteilzeit)?

    e. Berücksichtigung sozialversicherungsrechtliche Belange (drohende Sperrzeit, Ruhen von Arbeitslosengeldanspruch)

    f. Umgang mit variabler Vergütung, Shares, Stock Options, aufgeschobene Vergütung, betriebliche Altersversorgung, Weiternutzung/ Rückgabe Dienstwa-gen)?

    g. Reputationswahrende Maßnahmen, z. Bsp. Sprachregelung, insbesondere auch für Zeiten etwaiger Freistellung, Notwendigkeit Zeugnis, Auskünfte gegenüber Dritten)?


    Aus alledem folgt: 


    Es gibt viel zu beachten! Die angemessene und gesichtswahrende Lösung arbeitsrechtlicher Konflikte ist planbarer als gemeinhin angenommen, wenn man diese nicht selbst dem Zufall bzw. gar Emotion überlässt. 


  • 15.08.2021 | „Arbeitsrecht für Arbeitgeber“ in der Villa Bonn, Frankfurt am Main

    Jährliche Vortragsveranstaltung für Personalverantwortliche – Update 2021


    Auch in diesem Jahr präsentiert Albicker Arbeitsrecht die breite Palette aktueller arbeitsrechtlicher Entscheidungen für die betriebliche Praxis, pointiert und mit praktischen Hinweisen aus der Perspektive des Arbeitgeberanwalts.


    Im Anschluss an den Vortrag gibt es die Möglichkeit, aktuelle Entwicklungen und Fragen bei guten Getränken und einem Flying Buffett zu erörtern oder sich einfach dem angenehmen Austausch unter Personalverantwortlichen zu widmen.


    Vortragender: Dr. Steffen Albicker 

    Zeit: 18 Uhr 


    Es handelt sich um eine unentgeltliche Veranstaltung für Mandanten von Albicker Arbeitsrecht oder interessierte Personalverantwortliche. Bitte beachten Sie die limitierte Teilnehmerzahl. Teilnahme nur nach vorheriger individueller Einladung, schriftlicher Anmeldung und Teilnahmebestätigung über die Assistenz (Frau Bub-Wessig); Aktuelle Corona-Auflagen finden selbstverständlich Beachtung.


    Veranstalter: Albicker Arbeitsrecht, Frankfurt am Main

    Ort: Villa Bonn, Siesmayerstr. 12, 60323 Frankfurt am Main

  • 06.04.2021 | Gesellschafter und Aufsichtsräte aufgepasst! Vorsicht Falle (!) bei der Trennung von Gesellschaftsorganen

    Bei der Kündigung von Anstellungsverträgen mit Gesellschaftsorganen kann der „Schuss“ schnell nach hinten losgehen. Anfängliche Fehleinschätzungen, insbesondere formale Fehler, können schmerzhaft sein und damit teuer werden. Dies hat das LG Frankfurt in seiner überaus bemerkenswerten – noch nicht rechtskräftigen – Entscheidung vom 26.02.2021 (3-13 O 66/19) zu Recht erneut festgestellt.


    I. Hintergrund

    Die Verantwortlichen der beklagten GmbH waren sich einig. Der Geschäftsführer musste weg. Und dies möglichst schnell und billigst. Dem Geschäftsführer wurden – bestrittene - grobe Pflichtverletzungen, u. a. Kompetenzüberschreitungen, zur Last gelegt. Außerdem war der Geschäftsführer eigentlich „schon immer unfähig“. Das Angebot des von der Gesellschaft angebotenen Aufhebungsvertrages zur Auflösung des Dienstvertrages unter Wahrung der viermonatigen Kündigungsfrist wurde in letzter Minute „zurückgezogen“. Stattdessen lud der Aufsichtsratsvorsitzende, der zugleich Vorsitzender der Gesellschafterversammlung war, die rund 250 Gesellschafter im Namen des Aufsichtsrats zu einer Versammlung im Umlaufverfahren ein, um über die Abberufung des Geschäftsführers und Kündigung des Anstellungsvertrages „zum nächstmöglichen Termin“ beschließen zu lassen. Nach der Satzung vertrat der Aufsichtsrat die Gesellschaft im (Außen)-Verhältnis zum Geschäftsführer. Berechtigt zur Einberufung der Gesellschafterversammlung waren neben dem Geschäftsführer der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung oder der Gesellschafter mit Kapitalanteilen von zusammen 10% des Stammkapitals der Gesellschaft berechtigt. Das Schreiben zur Einladung wurde indessen auf dem Briefkopf des Aufsichtsrats vom Aufsichtsratsvorsitzenden der Gesellschaft unterzeichnet. Die Gesellschaft sprach neben der Abberufung die ordentliche, rund zwei Wochen später die außerordentliche fristlose, Kündigung des Anstellungsvertrages aus. Der Geschäftsführer wendete sich gegen beide Kündigungen und begehrte für weitere sieben Monate die Zahlung seiner Vergütung. Die Gesellschaft verlangte widerklagend vom Geschäftsführer die Zahlung von Schadensersatz i. H. v. €500.000,-. Rund vier Monate nach den vorgenannten Kündigungen sprach die Gesellschaft eine (hilfsweise) außerordentliche fristlose und (hilfsweise) ordentliche Folgekündigung aus. 


    II. Urteil des LG Frankfurt

    Das LG Frankfurt gab dem Geschäftsführer mit überzeugender Begründung hinsichtlich aller Streitthemen auf Kosten der Gesellschaft recht:


    1. Die Kündigung des Anstellungsvertrages seien unwirksam. Der Beschluss der Gesellschafter der GmbH sei nichtig, da der Aufsichtsrat nach Gesetz und Satzung zur Ladung der Gesellschafterversammlung nicht berechtigt gewesen sei. Die Einberufung der Gesellschafterversammlung durch ein unzuständiges Einberufungsorgan hat nach der Rechtsprechung die (nicht heilbare) Beschlussnichtigkeit (und nicht nur ihre Anfechtbarkeit) zur Folge. 


    2. Auch die rund vier Monate später hilfsweise ausgesprochene außerordentliche Kündigung scheitere an Formalfehlern. Unbeschadet der diesmal korrekt einberufenen Gesellschafterversammlung scheitere diese nunmehr an der Nichtwahrung der gesetzlichen Kündigungserklärungsfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB. Diese sieht vor, dass die Kündigung eines Dienstvertrages spätestens binnen zwei Wochen zu erfolgen hat, nachdem der Kündigungsberechtigte Kenntnis vom Kündigungssachverhalt hat. Diese Frist sei nicht gewahrt, da die Gesellschaft im Prozess selbst vorgetragen habe, die Gesellschafter hätten schon bei Ausspruch der ersten außerordentlichen Kündigung Kenntnis gehabt. Selbst wenn in bestimmten Ausnah-mefällen auch ein späteres Handeln ausnahmsweise zulässig sein kann, hätte der einberufende Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung nach Erlangung der Kenntnis über die etwaige Nichtigkeit des ersten Beschlusses zügiger reagieren und die Gesellschafterversammlung einberufen müssen. Das Zuwarten auf die Reaktion der Gesellschaft von mehreren (vier) Monaten sei für den von einer Kündigung betroffenen Geschäftsführer nicht mehr zumutbar. 


    3. Die Schadensersatzklage gegen den Geschäftsführer scheitere ebenfalls an formalen Hürden. Auch die gerichtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch die Gesellschaft gegen ihren Geschäftsführer setzt nach §43 GmbHG einen dies legitimierenden wirksamen Gesellschafterbeschluss voraus. Ein solcher war jedoch bis wenige Tage vor der letzten mündlichen Verhandlung unterblieben, was der Geschäftsführer wiederum rügte. Der sodann dem Landgericht vorgelegte Be-schluss war nichtig. Die Ladung der Versammlung sei erneut nicht durch das kompetente Organ erfolgt bzw. sei nach dem Sachvortrag der Gesellschaft nicht erkennbar, im Namen welchen Organs die einladende Person (hier der Prokurist) die Versammlung einberufen habe. 


    III. Gestaltungshinweise

    1. In Satzungen sollten alle Kompetenzfragen sorgfältig und unmissverständlich geregelt werden. Die Aufnahme von „Koppelungsklauseln“ in Anstellungsverträge gehört hierbei auch zum Standardprogramm, selbst wenn ihre grundsätzliche Wirksamkeit heftig umstritten ist. Diese sehen vor, dass die Abberufung eines Organs zugleich als Kündigung des Anstellungsvertrages gilt. 


    2. Vor der Einleitung rechtlicher Schritte gegen ein Gesellschaftsorgan wird Gesellschaftern bzw. Aufsichtsräte empfohlen, sich nicht nur auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob eine Kündigung im konkreten Fall zulässig ist. Es sollte insbesondere sorgfältig auf die Existenz und Wahrung gesetzlicher bzw. satzungsmäßiger formaler Anforderungen geachtet werden. Ein aufmerksamer Blick in Satzung und Gesetz ist zumeist schon mehr als die „halbe Miete“.


    3. Die Abberufung und Kündigung von Anstellungsverträgen mit Gesellschaftsorganen bedarf ebenso wie die gerichtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen eines Beschlusses des hierfür zuständigen Organs.


    4. Einberufungsorgane, die von Pflichtverletzungen oder gar strafbaren Handlungen eines Gesellschaftsorgans erfahren, haben nicht unendlich Zeit. Erlangt beispielsweise ein Mitgeschäftsführer oder ein Mitglied des Einberufungsorgans Kenntnis von Pflichtverletzungen des Geschäftsführers/Vorstandsmitglieds hat er zügig zu reagieren und zur Versammlung zu laden. Die Kündigung hat sodann unter Beachtung der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist gem. § 626 Abs. 2 BGB und damit seit Kenntnis des zuständigen Organs von dem Kündigungsgrund zu erfolgen. Die Nichtwahrung hat in aller Regel zur Folge, dass der Anstellungsvertrag ordentlich gekündigt werden kann. Dies ist insbesondere bei befristeten Anstellungsverträgen misslich!


    5. Einschlägig erfahrene Prozessanwälte sind gerne forensisch tätig. Dies trifft auch auf uns zu. Ob dies jedoch in allen Konstellationen der richtige Weg ist, bedarf der sorgfältigen Abwägung, unter Berücksichtigung von Prozessrisiko, -kosten, zeitlichem Aufwand nebst Einschätzung der Verfahrensdauer bei ordentlichen Gerichten und einem etwaigen Reputationsrisiko. Ein Aufhebungsvertrag mit dem Einzelfall angemessenen Konditionen erweist sich nicht selten als das bessere Mit-tel der Wahl. Emotionen und Eitelkeiten sowie „blindwütiges prozessuales Austreten“ sind schlechte Ratgeber.


  • 14.03.2021 | „Uber-Urteil“ und digitale Arbeitswelt – wohin geht die Reise?

    Nachfolgender Artikel von Albicker Arbeitsrecht gibt Ihnen Einblicke in die aktuelle Rechtslage:


    Digitale Arbeitswelt gewinnt weltweit an Bedeutung

    Gig worker, Klickjobs, Crowdworker, etc. Noch vor nicht allzu langer Zeit waren dies für die Allgemeinheit leere Worthülsen, schwer mit Leben zu füllendes Fremdvokabular. Dies hat sich - insbesondere in Zeiten von Corona - rasant verändert. Durch die zwischenzeitlich bei vielen selbstverständlich gewordene Bestellung eines „Gig“ per Klick (eines Kurzeinsatzes, wie der „Gig“ einer Musikband) über eine Vermittlungsplattform, die alltägliche Nutzung von Lieferando, Delivero Hero, Uber und Co. sind die vorgenannten Begrifflichkeiten für moderne Arbeitsformen der digitalen Arbeitswelt in der realen Welt und damit naturgemäß auch der Justiz angekommen. 


    Das Uber-Urteil des Supreme Court v. 19. 02. 2021 und andere gerichtliche Entscheidungen 

    Der Supreme Court hat in seinem am 19. Februar 2021 ergangenen Urteil - (2021) UKSC 5) - zwei klagende ehemalige Uber-Fahrer (von über 60.000,- Uber–Fahrern in UK) als abhängig Beschäftigte qualifiziert. Die Fahrer befänden sich im Verhältnis zu Uber in einem Unterordnungsverhältnis. Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass Uber jedenfalls nach den in 2016 geltenden und gelebten Bedingungen über sein System die Höhe der Verdienste der Fahrer maßgeblich bestimme. Die Fahrer könnten aufgrund enger vertraglicher Vorgaben die Bedingungen ihrer Dienstleistungen nicht selbstbestimmt festlegen. Aufträge könnten die Fahrer im Ergebnis nicht selbstbestimmt abzulehnen, da Uber dies im Falle zu häufiger Ablehnung letztlich mittelbar durch eine Einschränkung des Zugangs zur Plattform „sanktionieren“ könne. Die Entscheidung des Supreme Court steht im Einklang mit Urteilen anderer nationaler Gerichte in den USA, der Schweiz und der EU, wonach Uber nicht als reiner Plattformvermittler, sondern „Arbeitgeber“, anzusehen sei.


    Rechtslage in Deutschland

    Eine höchstrichterliche Entscheidung zum Status vom Uber-Fahrern liegt, soweit ersichtlich, in Deutschland noch nicht vor. Doch auch hier ist in die Plattformökonomie arbeitsrechtliche Bewegung gelangt. Mit seinem – durchaus ein wenig überraschenden - Urteil vom 1.12.2020 (9 AZR 102/20) hat das BAG einen Crowdworker nach Einschätzung „der tatsächlichen Durchführung“ des Vertrags im Rahmen der üblichen Gesamtwürdigung als abhängig Beschäftigten qualifiziert. Im entschiedenen Fall kam das BAG zu dem Schluss, dass der Crowdworker seine Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt aufgrund der Ausgestaltung der Abläufe der Internetplattform nicht ausreichend frei habe gestalten können. Die Organisationsstruktur der Internetplattform sei darauf ausgerichtet gewesen, dass über einen Account angemeldete Nutzer kontinuierlich „Bündel einfacher, Schritt für Schritt vertraglich vorgegebener, Kleinstaufträge“ annähmen, um diese persönlich zu erledigen. Zu berücksichtigen sei die Anreizwirkung des Bewertungssystems gewesen, das bei der Annahme ausreichend vieler Aufträge den Zugang zu höheren „Levels“ ermöglicht habe. Die Möglichkeit, künftige Aufträge vermittelt zu erhalten, habe einen Druck zum Tätigwerden ausgelöst.


    Das „Damoklesschwert“ der Scheinselbständigkeit – mit eklatanten Folgen! 

    Über vielen – häufig besten Gewissens - angenommenen selbständigen Tätigkeiten schwebt langjährig das „Damoklesschwert“ der nachträglichen Feststellung von „Scheinselbständigkeit“. Mit eklatanten sozialversicherungs- steuer- bzw. arbeitsrechtlichen Folgen für Unternehmen: z. Bsp. gesetzlicher Schutz vor Kündigungen, rückwirkend für alle (!) Beschäftigungsjahre Urlaubsentgelt- bzw. abgeltungsansprüche, Erstattung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge für bis zu vier Jahren (ohne Vorsatz) und eine etwaige Strafbarkeit (§ 266a StGB).


    Die Rechtsunsicherheit ist erheblich. 


    Die Kriterien der Abgrenzung von Gesetz bzw. Rechtsprechung sind „schwammig“. Rechtsberater können bei der Formulierung von Dienstverträgen wertvolle Hilfestellung leisten, indem bei der Vertragsgestaltung Merkmale außen vor bleiben, die auf den ersten Blick eine abhängige Beschäftigung indizieren. Sie unterliegt jedoch Einschränkungen. Wie die oben genannten Urteile belegen, kommt es letztendlich auf die tatsächlich gelebten Verhältnisse des Vertragsverhältnisses und die berühmte Gesamtschau unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls an. Insbesondere muss vermieden werden, dass Beschäftigte in die betriebliche Organisation eingegliedert bzw. engen Weisungen und Kontrollen unterzogen und die Umstände vermieden werden, die nach den oben genannten Urteilen zur Annahme der abhängigen Beschäftigung geführt haben. Die Ankündigung von Uber, man passe die Bedingungen des Vertragswerks an, dürfte mithin wenig zielführend sein. Wie unsicher eine rechtssichere Einschätzung im Allgemeinen ist, zeigt auch, dass die Vorinstanzen des BAG eine Selbständigkeit des Crowdworkers angenommen haben. In sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht kann die Einleitung eines Statusverfahrens gemäß § 7a SGB IV gleich zu Beginn der Aufnahme der Beschäftigung hilfreich sein. 


    Geschäftsmodell Vermittlungsplattformen – wo geht die Reise hin?

    Das Geschäftsmodell hat viele Vorteile. Es basiert auf Flexibilität, einem On-Demand-Modell, das für Selbständige wie geschaffen zu sein scheint und relevanten Kostenersparnissen. Es hat durch die erkennbaren Rechtsprechungstendenzen jedenfalls zunächst einmal den Dämpfer ursprünglich nicht angenommener Rechtsunsicherheit erhalten. Es geht Unternehmen der digitalen Branche mithin nicht anders als es vielen aus der analogen Welt, wie beispielsweise Beratern aus der IT-Branche, geht. Die (drohende) nachträgliche Feststellung einer abhängigen Beschäftigung dürfte jedenfalls Schockwirkung in weiten Teilen der Branche entfalten. Etwaige massive finanzielle Folgen dürften viele Modelle der ersten Stunde in Frage stellen. Die EU-Kommission wie auch die nationale Gesetzgebung haben sich zum Ziel gesetzt, die Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten zu verbessern. Setzt sich dort die Tendenz der Rechtsprechung fort und werden den in der Plattformökonomie Beschäftigten weitgehende Arbeitnehmerrechte zuerkennt, dürfte ihre Pionierzeit enden, bevor sie richtig losgegangen ist. Die weitere rechtliche Entwicklung muss aufmerksam verfolgt werden. Am Ende wird wie immer gelten: des einen Leid, des anderen Freud.


  • 28.01.2021 | Immer Ärger mit dem Urlaub!

    Albicker Arbeitsrecht hält regelmäßig Praktikervorträge bei Veranstaltungen bzw. in Unternehmen. Hierzu gehört unter anderem der rechtssichere Umgang von Unternehmen mit deutschem Urlaubsrecht. Spätestens seit der aufsehenerregenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Angelegenheit "Schultz-Hoff" und der in der Folgezeit ergangenen Vielzahl an gerichtlichen Entscheidungen steht im deutschen Arbeitsrecht kein Stein mehr auf dem anderen. Ein Blick in das deutsche Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) genügt seit langem nicht mehr, um als Personalverantwortlicher dem eingetretenen tiefgreifenden Wandel in der betrieblichen Praxis Rechnung zu tragen. Insbesondere stellt sich alle Jahre wieder die gleiche Frage: Kann Resturlaub in das neue Jahr übertragen werden? Wann verfällt dieser? Und welche Pflichten haben Arbeitgeber?

     

    Albicker Arbeitsrecht freut sich über seine Teilnahme an der Webinar-Reihe der IHK Hanau "Kurz mal Recht" am 28. 01. 2021 von 8:30 bis 9:00 (Stichtag 31.03 - Übertragung und Verfall von Urlaub) und die Gelegenheit, Personalverantwortliche - kurz und bündig - über die aktuelle Rechtslage mit wertvollen Handlungsempfehlungen zu informieren.

     

    Anmeldungen für die kostenpflichtige Veranstaltung sind nur möglich über die Homepage der IHK Hanau: https://www.hanau.ihk.de/recht/kurz-mal-recht-4953424

  • 04.01.2021 | „JUVE“ berichtet über den Neustart von Albicker Arbeitsrecht in Frankfurt

  • 01.01.2021 | Albicker Arbeitsrecht geht in Frankfurt an den Start

    Pünktlich zum Jahresbeginn fiel der Startschuss. Die Goethestraße 32 begann zu beben. Albicker Arbeitsrecht ging an den Start. Dr. Steffen Albicker gründete eine speziell auf das Arbeitsrecht ausgerichtete Kanzlei. Schwerpunkt: Die Vertretung von Arbeitgebern und Vorständen, Geschäftsführern und Führungskräften. Von 2011 bis 2020 verantwortete Dr. Albicker als Partner der angesehenen Wirtschaftskanzlei Büsing, Müffelmann & Theye den Bereich Arbeitsrecht an ihrem Standort in Frankfurt am Main. Mit seiner Spezialkanzlei für Arbeitsrecht verwirklicht Dr. Albicker einen lang gehegten Wunsch. Weniger Partnermeetings - mehr Zeit für Arbeitsrecht. Mehr Zeit für Mandanten. Kooperationen in fachfremden Gebieten mit ausgewählten Top-Anwälten auf Basis langjährig aufgebauter Netzwerke. 


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